Das Handy ersetzt heute Navigationsgerät, Fernseher oder Musikanlage. Das Auto per Handy auf- und abschließen? Heute mit der richtigen App längst nichts Besonderes mehr. Doch bald wird das Smartphone den klassischen Fahrzeugschlüssel immer häufiger auch beim Motorstart ersetzen. Wer ein Smartphone besitzt und den Connectivity-Dienst eines Autoherstellers oder Drittanbieters abonniert hat, kann schon heute die Autotüren aus der Ferne per App aufschließen und versperren. Als vollwertiger Autoschlüssel fungiert das Handy heute aber lediglich in Ausnahmefällen.
Die Flexibilität digitaler Autoschlüssel ist vor allem für Carsharing-Anbieter, Autovermieter und Betreiber von Firmenflotten interessant. Und auch Speditionen zählen zu den Zielkunden: Bosch etwa hat kürzlich auf der IAA Nutzfahrzeuge eine Lkw-Variante seiner für 2020 im Pkw angekündigte Technik präsentiert. Die Vorteile des Handy-Schließsystems sind im Lkw prinzipiell die gleichen wie im Pkw: So können die Disponenten in der Spedition Fahrberechtigungen per Mausklick verwalten und verteilen. Die Fahrer müssen sich nicht mehr einen physischen Schlüssel besorgen, sondern benötigen bei Dienstbeginn nur noch ihr Handy.
Bis die Technik in der Breite startet, sind jedoch noch einige praktische, rechtliche und technische Probleme zu lösen. Grundlagentechnik der Schlüssel sollen die weitverbreiteten Standardtechnologien NFC und Bluetooth sein. Entwicklungsbedarf hingegen gibt es noch bei Nutzerfreundlichkeit, Bedienbarkeit und nicht zuletzt bei der Sicherheit. Denn virtuelle Schlüssel können mindestens ebenso leicht gestohlen und kopiert werden wie ihre reellen Pendants.
Auch bei rechtlichen und praktischen Fragen stehen einige Antworten noch aus, nicht zuletzt aus Sicht der Versicherungswirtschaft. So wünscht sich die Allianz eine Protokollfunktion, die speichert, wer das Fahrzeug zuletzt gefahren ist. Zudem stellt sich für die Assekuranz die Frage, wie sich der Diebstahl eines Autos ohne Schlüssel beweisen lässt. Bislang sandte der Halter die Schlüssel des entwendeten Fahrzeugs bei seiner Versicherung ein, um den Schaden ersetzt zu bekommen. Mit virtuellen Exemplaren ist das nicht mehr ohne Weiteres möglich. Die Allianz fordert daher, virtuelle Schlüssel ebenso eingeschränkt zu verwenden wie ihre physischen Vorläufer und die unkontrollierte Vervielfältigung technisch zu verhindern. Zudem soll es für jedes Auto ein Verzeichnis der berechtigten Fahrzeugnutzer geben, das der Kunde nicht allein ändern kann.